Arthritis
Arthritis (Mehrzahl: Arthritiden), Osteoarthritis, Arthrose, rheumatoide Arthritis – in der Presse, aber auch beim Orthopäden wird man oft mit einem wahren Sprachgewirr konfrontiert, wobei sich die Begriffe für den Laien alle gleich anhören.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Begriffe oft unbedacht nicht ganz korrekt benutzt werden, was die Verwirrung nur noch verstärkt.
- Mit Arthritis wird eine Entzündung eines Gelenkes bezeichnet, wobei über die Ursache der Entzündung zunächst einmal noch gar keine Aussage getroffen wird.
- Die Rheumatoide Arthritis (RA) auch chronische Polyarthritis genannt, ist eine häufige Ursachen für eine chronische Entzündung mehrerer Gelenke, die auf immunologischen Prozessen beruht.
- Abzugrenzen ist dagegen die Arthrose, die eine Schädigung des Gelenkes aufgrund eines chronischen Verschleißes bezeichnet.
Im Verlauf der Arthrose spielen Entzündungsprozesse ebenfalls eine Rolle, man spricht dann von aktivierter Arthrose. Im englischen Sprachraum wird diesem Umstand durch die Bezeichnung Osteoarthritis Rechnung getragen.
Zu welchen Symptomen führt nun eine Arthritis?
Bei einer Arthritis findet man die fünf klassischen Zeichen einer Entzündung: Rubor, Calor, Dolor, Tumor und Functio laesa. Die Haut über dem Gelenk ist gerötet und überwärmt (Rubor und Calor), im Bereich des betroffenen Gelenks findet sich eine Druckschmerzhaftigkeit (Dolor). Zudem ist das Gelenk geschwollen (Tumor), manchmal als Folge eines Gelenkergusses und es besteht eine Funktionseinbuße (Functio laesa), d.h. die Beweglichkeit des Gelenkes ist eingeschränkt.
Zusätzliche Symptome kommen vor, sind aber abhängig von der auslösenden Ursache der Arthritis.
Welche Ursachen führen zu einer Arthritis?
Für die Arthritis selbst gibt es eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Ursachen. Sinnvoll ist zunächst eine Unterscheidung in eitrige und nicht-eitrige Arthritis. Eine weitere wichtige Einteilung erfolgt anhand der Anzahl betroffener Gelenke. Ist lediglich ein Gelenk entzündlich verändert spricht man von Monarthritis, bei zwei bis vier Gelenken von Oligoarthritis und bei mehr als vier befallenen Gelenken von Polyarthritis.
Eitrige Arthritis
Die eitrige Arthritis hat ihren Namen von der Tatsache, dass die Gelenkflüssigkeit (Synovialflüssigkeit) bei dieser Erkrankung aufgrund einer bakteriellen Infektion eitrig, d.h. gelblich und dickflüssig ist. In der durch Punktion (Einstich mit einer Spritze durch die Gelenkkapsel) gewonnenen Synovialflüssigkeit finden sich bei mikroskopischer Betrachtung Bakterien und Eiterzellen.
Die eitrige Arthritis entsteht bei Erwachsenen meist aufgrund einer Eröffnung des Gelenks, was den Eintritt von Keimen ermöglicht. Die häufigste Ursache sind dabei ärztliche Eingriffe am Gelenk. Meist handelt es sich um Punktionen, Operationen im Gelenkbereich (v. a. künstlicher Gelenkersatz) und Gelenkspiegelungen (selten). Es muss aber deutlich gesagt werden, dass selbst unter bester Einhaltung der Kriterien steriler Arbeitsweise eitrige Arthritiden auftreten können.
Eine weitere wichtige Ursache für die Erkrankung sind offene Knochenbrüche mit Gelenkbeteiligung. Vor allem bei Säuglingen kann sich eine chronische Knocheneiterung (Osteomyelitis) auf ein Gelenk ausweiten. Dies ist bei Kindern im Wachstumsalter nicht möglich, da hier die Wachstumsfuge im Knochen eine natürliche Barriere darstellt. Entsprechend der infektiösen Ursache handelt es sich meist um eine Monarthritis.
Eine eitrige Arthritis muss als medizinischer Notfall angesehen werden, der zu sofortigem Eingreifen verpflichtet. Das Gelenk muss operativ eröffnet und kontinuierlich gespült werden. Zusätzlich werden Antibiotika verabreicht. Wichtig ist eine ständige Durchbewegung der betroffenen Gliedmaße auf einer motorischen Schiene, um einer drohende Versteifung durch narbige Kapselschrumpfung vorzubeugen. Wird die Therapie verzögert oder nicht konsequent durchgeführt, sind Gelenkzerstörungen bis hin zur knöchernen Versteifung die Folge.
Nicht-eitrige Arthritis
Die Ursachen der nicht-eitrigen („sterilen“) Arthritis sind vielfältiger. Allen sterilen Arthritiden gemeinsam ist, dass in der Gelenkflüssigkeit keine Erreger gefunden werden. Sinnvoll erscheint eine Unterteilung in Begleit-, rheumatoide und reaktive Arthritis sowie Arthritiden, die durch Stoffwechselerkrankungen hervorgerufen werden (metabolische Arthritis). Eine Sonderstellung nimmt die Psoriasis-Arthritis ein, die bei Patienten mit Schuppenflechte gefunden wird.
Rheumatoide Arthritis
Etwa fünf Prozent der Bevölkerung jenseits der 60 Jahre leiden an einer rheumatoiden Arthritis. Spezielle Unterformen der rheumatoiden Arthritis können aber schon bei Kleinkindern auftreten. Die Ursache der rheumatoiden Arthritis ist unbekannt, autoimmune Prozesse (das Immunsystem zerstört körpereigene Zellen) werden angenommen. Gesichert ist, dass einer chronischen Entzündung und Wucherung der Gelenkhaut mit zunehmender Gelenkzerstörung eine zentrale Bedeutung zukommt.
Die Diagnose der rheumatoiden Arthritis beruht auf einem Katalog von sieben Kriterien, von denen vier zur Diagnosestellungen mindestens sechs Wochen lang bestehen müssen. Dazu gehört unter anderem, dass mindestens drei Gelenke betroffen sind, das Befallsmuster symmetrisch sind und dass die Schmerzen und die Steifigkeit morgens am schlimmsten sind.
Die Erkrankung kann prinzipiell jedes Gelenk betreffen, ein bevorzugter Befall findet sich jedoch an den mittleren Fingergelenken und den Gelenken zwischen Fingern und Mittelhand. Die Entzündung verläuft chronisch und kann von geringen Einschränkungen bis hin zu schweren Deformierungen und Verstümmelungen führen.
Therapeutisch stehen sowohl medikamentöse, als auch chirurgische Verfahren zur Verfügung. Zunächst wird der akute Schmerzzustand mit Kortisonpräparaten oder Schmerzmitteln wie Diclofenac behandelt. Gleichzeitig werden so genannte Basistherapeutika gegeben, wobei Mittel der Wahl niedrig dosiertes Methotrexat ist. Zusätzlich sind Kälteanwendungen sinnvoll.
Falls diese konservative Therapie keine Aussicht auf Erfolg hat, wird auf operative Verfahren zurückgegriffen. Hier gilt der Leitsatz: „Start with a winner!“ Dies bedeutet, dass vor dem Hintergrund, dass Rheumapatienten unter Umständen noch häufig operiert werden, ihr Vertrauen in die operative Therapie durch eine Erstoperation mit möglichst hoher Erfolgsquote gewählt wird. Dies gilt z.B. für einen künstlichen Gelenkersatz an der Hüfte oder am Knie. Für die Patienten ist es sehr beeindruckend, wenn sie nach jahrelanger Schmerzgeschichte schlagartig wieder schmerzfrei laufen können. Insgesamt kommen einer Reihe chirurgischer Maßnahmen zur Verfügung, die von der Entfernung der entzündeten Gelenkhaut bis zur operativen Versteifung eines Gelenkes in funktionell günstiger Stellung reichen.
Seit neuestem stehen spezielle Antikörper gegen den Entzündungsstoff TNF-alpha bei der rheumatoiden Arthritis zur Verfügung. Das als Etanercept bezeichnete Medikament scheint eine Verbesserung der Symptomatik in Fällen bewirken zu können, bei denen die bisherige konservative Therapie nicht zu einem befriedigenden Ergebnis geführt hat.
Reaktive Arthritis
Zu einer reaktiven Arthritis (REA) kann es nach verschiedenen Harnwegs- und Magen-Darm-Infektionen kommen, wenn die Patienten eine genetische Veranlagung dafür haben. Die immunologischen Prozesse, die der REA zugrunde liegen sind dabei nicht vollständig geklärt. Bei der REA kommt es nach einem überstandenen Infekt, der auch unbemerkt verlaufen kann, zu einer Arthritis eines oder einiger Gelenke. Zusätzlich finden sich oft Hauterscheinungen, z.B. erhabene, bräunliche, schmerzhafte Flecken am Schienbein und Entzündungen der Aderhaut des Auges. Die REA wird antibiotisch behandelt, sofern Erreger im Stuhl oder bei einem Harnröhrenabstrich gefunden werden. Ist dies nicht der Fall, genügen entzündungshemmende Medikamente, lediglich bei schweren Arthritiden und einer Augenbeteiligung müssen Kortisonpräparate gegeben werden.
Begleitarthritis
Viele virale aber auch bakterielle Infektionen führen zu einer in der Regel harmlosen begleitenden Arthritis, die innerhalb weniger Wochen spontan zurückgeht. Eine Therapie ist meist nicht erforderlich. Eine Sonderform stellt die Lyme-Arthritis dar, die nach einer unbehandelten Borelliose, einer durch Zeckenbiss übertragenen Erkrankung, auftritt. Hier führt eine Antibiotikatherapie zu einem Abklingen der Arthritis.
Metabolische Arthritiden
Wichtigster Vertreter ist die durch eine Erhöhung der Harnsäurekonzentration im Blut ausgelöste Gicht. Bei der Gicht finden sich in der Gelenkflüssigkeit Harnsäurekristalle, die eine Entzündungsreaktion der Gelenkhaut hervorrufen. Hauptsächlich kommt es nach opulenten Mahlzeiten oder Alkoholexzessen zu heftigen Schmerzen im Großzehengrundgelenk (Podagra), seltener im Daumen (Chiragra) und anderen Gelenken. Zusätzlich findet man kleine weißliche Tumoren (Gichttophi), vor allem im Bereich der Ohrmuschel, die lediglich kosmetisch störend sind.
Im akuten Anfall helfen entzündungshemmende Medikamente, auf das früher klassisch angewendete und gut wirksame Colchizin wird jedoch wegen der Nebenwirkungen nicht mehr zurückgegriffen. Zur Vorbeugung helfen Medikamente, die die Harnsäurekonzentration senken. Hauptsächlich wird Allopurinol eingesetzt.
Psoriasis-Arthritis
Bei der Schuppenflechte kann eine Arthritis sogar das erste Symptom sein. Typischerweise wird bei der Psoriasis-Arthritis ein Finger im gesamten Strahl befallen, was zum klinischen Bild des „Wurstfingers“ führt. Oft finden sich auch Störungen im Bereich der Nägel betroffener Finger. Mit einer adäquaten Therapie der Schuppenflechte bilden sich auch die arthritischen Beschwerden zurück. Unterstützend können Basistherapeutika eingesetzt werden, wie sie auch bei der rheumatoiden Arthritis Anwendung finden.