Demenzerkrankungen

Unter dem Begriff „Demenzerkrankungen“ werden über 50 Erkrankungen zusammengefasst, deren gemeinsames Merkmal der Verlust bereits erworbener geistiger Fähigkeiten ist.
Demenzerkrankungen sind von großer epidemiologischer Bedeutung. Man schätzt, dass in Deutschland etwa ein Prozent der Bevölkerung an demenziellen Symptomen leiden. Dabei nimmt die Erkrankungshäufigkeit mit dem Alter zu. Während zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr nur etwa jeder fünftausendste an einer Demenz leidet, sind es bei den 80- bis 90-jährigen bereits mehr als 10 Prozent.

Die wichtigste Demenzform ist die Alzheimer Erkrankung, die etwa 60 Prozent aller Demenzen ausmacht. Bei 20 Prozent findet man Durchblutungsstörungen im weitesten Sinne (vaskuläre Demenz), die restlichen 20 Prozent bilden Mischformen aus beiden Erkrankungen oder seltenere Erkrankungen des Gehirns. Hierbei seien die Pick’sche Erkrankung oder die Chorea Huntington aus der Gruppe der „Systematrophien“ (bestimmte Hirnbereiche gehen isoliert zugrunde), alkoholbedingte Hirnschäden (Korsakow-Syndrom, Marchiafava-Bingami-Syndrom) und die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung, die durch infektiöse Eiweißstrukturen (Prionen) verursacht wird, genannt.

Wie äußert sich eine Demenz?

In der Regel führen Demenzerkrankungen zu einem schleichenden Verlust geistiger Fähigkeiten. Nur in seltenen Fällen entsteht die Demenz über einen kurzen Zeitraum (schwerer Schlaganfall, Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung). Zu den „kognitiven“ Fähigkeiten gehört neben der Gedächtnis- und Merkfähigkeit, die bei allen Demenzformen in Mitleidenschaft gezogen ist, auch die Sprache, die Intelligenz, motorische Fähigkeiten und die Fähigkeit zur Orientierung im Raum.
Zu diesem Verlust kommt es im Verlauf einer Demenz nahezu regelhaft zu Wesensänderungen und Verhaltensauffälligkeiten. Häufig leiden die Patienten an depressiven Verstimmungen, die die demenziellen Symptome sogar noch verstärken, aber auch aggressives Verhalten und teilweise schwere Angstzustände werden beobachtet.

Wie wird eine Demenz diagnostiziert?

Dass Menschen mit zunehmendem Alter vergesslicher werden, dass es zu einem Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit und Flexibilität kommt, ja selbst leichte Wesensveränderungen sind noch lange kein Beweis für das Vorliegen einer Demenz.
Die Übergänge vom altersentsprechenden zum krankhaften Zustand sind vielmehr fließend. Es gibt allerdings einige Anzeichen, die unbedingt auf eine Demenzerkrankung hinweisen. So verlegen Demenzkranke Dinge an völlig unsinnige Orte (Socken im Kühlschrank), sie finden sich auch an vorher bekannten Orten (eigene Straße) nicht mehr zurecht und verlaufen sich. Sie vergessen Namen von engen Familienangehörigen oder können sich an kurz zuvor stattgefundene Treffen oder Gespräche nicht mehr erinnern.
Charakteristischerweise erkennen sie im Frühstadium ihr Defizit und versuchen es durch teilweise sehr glaubwürdige Phantasien zu vertuschen (Konfabulieren). Es kommt zudem zu Wortfindungsstörungen auch bei einfachen Sätzen. Die fehlenden Worte werden oft durch sinnlose Füllwörter oder Phrasen ersetzt.
Bei den Verhaltensänderungen zeigen sich oft völlig neue Charaktereigenschaften. Ruhige Personen können auffallend aggressiv werden.
Ergibt sich ein Verdacht, der meist von besorgten Angehörigen vorgebracht wird, sollten die einzelnen kognitiven Leistungen anhand verschiedener Tests (z. B. „mini mental state“) gemessen werden. Von entscheidender Bedeutung ist es auch, Erkrankungen auszuschließen, die Symptome der Demenz annehmen können (Pseudodemenz). Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Depression, die Parkinsonsche Erkrankung, aber auch Blutsalzverschiebungen und Stoffwechselentgleisungen. Dieses Wissen ist besonders vor dem Hintergrund wichtig, dass es sich dabei um im Alter relativ häufige und gleichzeitig gut behandelbare Erkrankungen handelt. Die genannten Erkrankungen gehen meist mit typischen Veränderungen einher, so dass sie bei genauer Befragung von Patient und Angehörigen und entsprechend eingeleiteter Diagnostik meist schnell gefunden werden.
Neben den kognitiven Tests gehört zu einer adäquaten Demenzdiagnostik eine Blutuntersuchung, eine eingehende neurologische Untersuchung, bildgebende Verfahren des Kopfes (Kernspin- oder Computertomografie), gegebenenfalls ein Elektroenzephalogramm (EEG) zur Beurteilung der Hirnströme.
Die „PET“- oder „SPECT“-Untersuchungen zur Beurteilung des Hirnstoffwechsels gehören aufgrund des uneindeutigen diagnostischen Wertes derzeit noch zur experimentellen Diagnostik. Ihr Nutzen wird derzeit in verschiedenen Studien überprüft. Untersuchungen des Herzens (EKG, Echokardiografie), der Halsschlaggefäße (Dopplersonografie) oder des Hirnwassers (Liquorpunktion) werden bei Verdacht auf bestimmte Erkrankungen notwendig.
Aus dem Gesamtbild aller Untersuchungsergebnisse kann mit einiger Erfahrung bereits mit einer recht hohen Sicherheit auf die Art der Demenz geschlossen werden. Dies ist wichtig, da die unterschiedlichen Demenzformen sowohl in Prognose als auch in der anzuwendenden therapeutischen Strategie große Unterschiede aufweisen.
Verständlich ist demnach, dass die Diagnose in die Hände erfahrener Ärzte an speziellen Zentren gehören sollte. Nicht selten werden falsche oder unzulängliche Diagnosen (die Demenz wird als Altersfolge abgetan) gestellt, weil bei dem behandelnden Arzt eine zu geringe Sensibilität für das Thema existiert.

Wie verläuft eine Demenz?

Der Verlauf ist bei den unterschiedlichen Demenzformen sehr variabel. Bei der häufigsten Demenz vom Alzheimertyp kommt es in der Regel zu einem stetigen, meist jahrelangen Abbau der kognitiven Fähigkeiten. Schwankungen oder schubhafte Verläufe sind eher untypisch.
Einen solchen Verlauf, bei dem sich Phasen der Besserung mit deutlichen Verschlechterungen der Symptomatik abwechseln, die Demenz aber insgesamt zunimmt, sind für eine durch Durchblutungsstörungen (vaskulär) hervorgerufene Demenz charakteristisch. Dies ist dadurch erklärlich, dass es bei der Alzheimer Erkrankung zu einer kontinuierlichen Zerstörung von Hirnzellen und Nervenverbindungen (Synapsen) kommt, während bei der vaskulären Demenz immer wieder neue, kleine Schlaganfälle auftreten.
Zwischen zweien solcher Ereignisse können verloren gegangene Funktionen von benachbarten Hirnarealen in gewissem Maße mit übernommen werden, so dass es wieder zu einer Besserung kommen kann. Insgesamt verlaufen vaskuläre Demenzen etwas gutartiger als der Alzheimertyp, vor allem dann, wenn angemessen therapiert wird. Durch moderne Medikamente kann auch dem Fortschreiten der Alzheimer Erkrankung zumindest vorübergehend Einhalt geboten werden.
Insgesamt ist aber mit einer unaufhörlichen Abnahme der geistigen Fähigkeiten zu rechnen. Dies setzt sowohl Patient als auch (pflegende) Angehörige und behandelndes medizinisches Personal hohen psychischen und physischen Belastungen aus.
Vor allem Inkontinenz, zunehmende Unselbständigkeit und Abhängigkeit von körperlicher Pflege gepaart mit Wahrnehmungsstörungen (Patienten erkennen im Endstadium oft weder Kinder noch Lebenspartner), Unfähigkeit sich mittels Sprache auszudrücken und aggressiver Wesensveränderungen sind für Angehörige nur schwer zu verkraften. Angehörige sollten sich daher frühestmöglich mit Selbsthilfegruppen in Verbindung setzen, bei denen sie sowohl Rat als auch Trost erfahren. Schon das Wissen, mit seinen Problemen nicht alleine zu sein, wird von den meisten Angehörigen bereits als äußerst erleichternd empfunden.

Wie therapiert man eine Demenz?

Die Therapiemöglichkeiten richten sich wesentlich nach Art der Demenz. Trotzdem gelten allgemeingültige Richtlinien bei Umgang und Pflege von Demenzkranken. Dabei sollte versucht werden die Selbständigkeit des Patienten so gut und so lange es geht zu erhalten. Dazu helfen Gedächtnis- und Konzentrationstraining, das am besten spielerisch eingebunden sein sollte, damit der Patient nicht ein Gefühl der Überforderung entwickelt.
Das häusliche und soziale Umfeld sollte der Erkrankung angepasst sein. Dies betrifft insbesondere die Orientierungsschwierigkeiten des Patienten. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, das Umfeld so wenig wie möglich zu verändern, da Demenzkranke auf Veränderungen oft mit Angst, Rückzug oder gar Aggression reagieren. Zusätzlich wirkt ein strukturierter Tagesablauf aktivitätssteigernd und angstmindernd. Hilfreich ist auch ein Erinnerungstraining etwa anhand eines chronologischen Fotoalbums, das dem Kranken seine eigene Vergangenheit bildlich macht.
Es ist von immenser Bedeutung, dass Angehörige, die den Patienten selbständig pflegen, von professioneller Seite die wichtigsten Richtlinien erklärt bekommen. Gleiches gilt für rechtliche Fragen (Geschäftsfähigkeit, Schuldfähigkeit, Fahrtauglichkeit, etc.). Hilfestellung bietet eine Reihe von Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen.

Spezifische Maßnahmen

Bei vaskulären Demenzen sollten Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen (Rauchen, Bluthochdruck, hohes LDL-Cholesterin) unbedingt ausgeschaltet bzw. bestmöglich therapiert werden. Gerinnungshemmende Medikamente wie Acetylsalicylsäure können die Wahrscheinlichkeit für das Neuauftreten von Schlaganfällen herabsetzen. Zusätzlich werden Medikamente („Nootropika“) wie Piracetam oder Gingkopräparate eingesetzt, die die Hirndurchblutung verbessern sollen.
Bei der Alzheimerdemenz sind Nootropika ebenfalls eine therapeutische Option. Da die Erkrankung mit einem Verlust von Nervenbotenstoffen („Neurotransmitter“) einhergeht, können Kranke zudem von Medikamenten profitieren, die regulierend in den Neurotransmitter-Stoffwechsel eingreifen.
Bekanntester Wirkstoff ist dabei das Donezepil, das die Acetylcholin-Konzentration im Gehirn erhöht. Auch das auf den Noradrenalin- und Serotoninhaushalt wirkende MAO-B-Hemmer wie Selegilin und der Glutamat-Modulator Memantine werden eingesetzt.
Die auf einen chronischen Alkoholmissbrauch zurückzuführenden Hirnschäden reagieren gelegentlich auf hochdosierte Vitamin-B1-Gaben mit einer zumindest teilweisen Besserung der Symptomatik.


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