Kopfschmerzen und Migräne

Kopfschmerzen sind neben Rückenschmerzen die häufigste Schmerzform des Erwachsenenalters.

Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Kopfschmerzen ist dabei immens und kann nur geschätzt werden. Über gelegentliche Kopfschmerzen klagen über 70 Prozent der Bevölkerung. Etwa jeder Dritte leidet zudem an regelmäßigen, chronischen Kopfschmerzen.

Interessant ist, dass die Anzahl klinischer Studien in Anbetracht der weiten Verbreitung des Symptoms auffallend gering ist. Kopfschmerzen führen in der medizinischen Forschung immer noch ein gewisses Schattendasein. Eine wichtige Rolle scheint dabei die ungemein große Vielfalt der zugrunde liegenden möglichen Erkrankungen zu spielen, die eine sinnvolle Klassifikation schwierig machen.
Vereinfachend kann man jedoch sagen, dass zwei Kopfschmerzarten entweder alleine oder in Kombination für etwa 90 Prozent der chronischen Kopfschmerzen verantwortlich zeichnen: die Migräne und der Spannungskopfschmerz.

Welche Ursachen gibt es für Kopfschmerzen?

Aufgrund der oben erwähnten großen Zahl von Erkrankungen, die zu Kopfschmerzen führen können, kann in diesem Rahmen nur auf einige wichtige eingegangen werden. Zunächst einmal ist es sinnvoll zwischen akutem und chronischem Kopfschmerz zu unterscheiden.

Akuter Kopfschmerz

Akute Kopfschmerzen sind ein ausgesprochen häufiges Symptom. In der Regel sind sie eine Begleiterscheinung harmloser Erkrankungen oder Zustände. Es gibt aber auch einige wenige ernsthafte Erkrankungen, die zu Kopfschmerzen führen.
Sehr häufig sind Kopfschmerzen Begleitsymptom eines banalen grippalen Infektes. Sie gehen dann im Rahmen des Krankheitsverlaufs innerhalb weniger Tage zurück. Ein solcher Infekt kann durch Aufpfropfung einer bakteriellen Infektion kompliziert werden. In diesen Fällen kommt es nicht selten zu einer Nasennebenhöhlenvereiterung (Sinusitis). Diese kann selbst wiederum Kopfschmerzen verursachen, die charakteristischerweise beim Vornüberbeugen schlimmer werden.
Kopfschmerzen können ebenso Folge einer entzündlichen Zahnerkrankung sein (dentogener Kopfschmerz). Eine zahnärztliche Abklärung mit Beseitigung der Ursache ist dann notwendig.
Typisch sind Kopfschmerzen auch nach exzessivem Alkoholkonsum. Hier scheint die Wirkung über einen Flüssigkeitsverlust und gefäßerweiternde Prozesse in den Hirnhäuten hervorgerufen zu werden. Letzteres ist auch Ursache der Kopfschmerzen im Rahmen eines Sonnenstichs sowie der Nitratkopfschmerzen, die bei vielen Angina-pectoris-Patienten nach der Einnahme gefäßerweiternder Nitropräparate auftreten. Durch einen Flüssigkeitsverlust bzw. vermehrten Flüssigkeitsbedarf scheinen auch die bei Schwangeren häufig vorkommenden Kopfschmerzen bedingt zu sein.
Gefährliche Ursachen akuter Kopfschmerzen sind Hirnhautentzündung, Hirnblutungen und akute Bluthochdruckkrisen. Die Hirnhautentzündung (Meningitis), die viralen oder (häufiger) bakteriellen Ursprungs sein kann, führt zu heftigen Kopfschmerzen.
Blutungen können ebenfalls zu einer Reizung der Hirnhäute führen. Typischerweise kommt es bei Hirnblutungen zu neurologischen Ausfallerscheinungen (Lähmungen, Bewusstseinstrübungen, Sehstörungen).
Blutungen, die aufgrund Zerreißung von Hirnhautgefäßen im Rahmen einer Kopfverletzung entstehen, beginnen oft mit einer Bewusstlosigkeit, dann folgen eine zwischenzeitliche Aufklarung und später eine erneute Bewusstseinseintrübung. Die Kopfschmerzen werden dabei oft als „vernichtend“ angegeben.
Akute Blutdruckkrisen, die vielerlei Ursachen haben können, können ebenfalls zu äußerst heftigen Kopfschmerzen führen. Oft wird über Sehstörungen geklagt. Meist sind solche Symptome erst ab einem Blutdruck von über 200 mm Hg zu erwarten.
Letztlich sollte noch die „Arteriitis temporalis“ (Morbus Horton) genannt werden. Dabei handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung der Schläfenarterie aus dem rheumatischen Formenkreis. Sie führt zu einer Schwellung, Rötung und Schlängelung der Schläfenarterie, die zu streng seitlichen Kopfschmerzen führt. Bei Verdacht auf M. Horton muss umgehend mit einer hochdosierten Kortisontherapie begonnen werden, um Schäden vom Auge abzuwenden.

Chronischer Kopfschmerz

Chronische Kopfschmerzen sind, wie oben erwähnt, ein Problem von großer gesundheitsökonomischer Bedeutung. Die Bandbreite reicht dabei von wenigen Episoden bis zu Kopfschmerzattacken an über 200 Tagen im Jahr. Diese enorme Bandbreite der Häufigkeit ist auch der Grund für Schwierigkeiten bei der Einteilung der Kopfschmerzen und macht den Vergleich verschiedener Studienergebnisse mitunter äußerst kompliziert.
Die wichtigsten Ursachen für chronische Kopfschmerzen sind der Spannungskopfschmerz und die Migräne. Eine weitere Problematik stellt die Tatsache dar, dass die im Rahmen chronischer Kopfschmerzen häufig eingesetzten Schmerzmittel bei längerfristiger Anwendung selbst zu Kopfschmerzen führen und so zur Entstehung eines Teufelskreises beitragen können. Es wird daher empfohlen, dass über einen längeren Zeitraum nicht mehr als zehn Einzeldosierungen pro Woche von Schmerzmitteln angewendet werden sollten.

Spannungskopfschmerz

Der Spannungskopfschmerz ist die wohl häufigste chronische Kopfschmerzform überhaupt.
Als Auslöser werden ständige seelische oder körperliche Anspannungen angenommen. Insgesamt steht aber ein zufrieden stellendes Erklärungsmodell bis heute aus.
Fakt ist, dass die – überwiegend weiblichen – Patienten sehr häufig über psychischen Stress klagen. Man findet auch häufig muskuläre Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich verbunden mit einer schlechten Körperhaltung.

Der Spannungskopfschmerz wird von den Patienten als eine Art Druck beschrieben, der diffus auf dem gesamten Kopf lastet und dessen Intensität über den Tag hinweg zunimmt. Die Patienten greifen in Eigenregie oft sehr großzügig zu Schmerzmitteln, die zur Erhaltung des Schmerzes und weiterem Schmerzempfinden führen können.
Die Diagnose ergibt sich aus der Befragung des Patienten und einer körperlichen Untersuchung. Technische Hilfsmittel (EEG, Kernspin- oder Computertomografie) bringen nur selten aufschlussreiche Befunde und dienen höchstens dem Ausschluss anderer Erkrankungen. Ihre Anwendung wird daher nur bei unklaren oder untypischen Fällen notwendig.
Eine interessante Untersuchung ist allerdings die Erfassung der Muskelaktivität eines Kaumuskels (Masseter) bzw. deren Entspannungsfähigkeit. Die Untersuchung liefert einen recht guten Anhalt hinsichtlich der generellen Anspannung des Patienten.

Wichtigstes therapeutisches Ziel ist die Entwöhnung des Patienten von der Medikamenteneinnahme. Allein dadurch kann in vielen Fällen eine deutliche Verringerung der Schmerzhäufigkeit und -intensität erreicht werden. Unterstützend werden Entspannungstechniken (Autogenes Training, Yoga, Biofeedback), gelegentlich psychotherapeutische Konzepte eingesetzt.

Migräne

Jeder zehnte Deutsche leidet an einer Migräne.
Die Theorien zur Entstehung der Migräne sind vielfältig. Man geht heute von einer Übererregbarkeit der Gehirnzellen aus, die durch bestimmte äußere Einflüsse „getriggert“ zur Auslösung einer Migräneattacke führt.
Weiterhin scheint eine lokale Durchblutungsstörung im Sinne einer Kontraktion und anschließender Erschlaffung von Blutgefäßen des Gehirns bedeutsam zu sein, in deren Verlauf es zunächst zu einer Minderdurchblutung und anschließend zu einem übermäßigen Blutstrom kommt. Die Gefäßreaktion ist auch Ansatzpunkt verschiedener Medikamente bei der Prophylaxe und Anfallsbekämpfung der Migräne.
Bei einigen Patienten geht der Migräne eine „Aura“ voraus. Darunter versteht man eigenartige Gefühlsempfindungen (den Patienten kann heiß oder kalt werden, bestimmte Körperteile werden „taub“), die einen Anfall ankündigen, aber auch isoliert auftreten. Typisch, wenn auch nicht immer vorhanden, ist in diesem Zusammenhang das „Flimmerskotom“, ein zentraler, flackernder, oft bizarr begrenzter Gesichtsfeldausfall.
Der Migränekopfschmerz ist im Gegensatz zum Spannungskopfschmerz meist einseitig, kann aber durchaus die Seite wechseln. Typischerweise dauert eine Migräneattacke wenige Stunden bis zu einigen Tagen. Die Patienten berichten in der Regel über eine extreme Licht- und Geräuschempfindlichkeit, die dazu führt, dass sie sich im Anfall in einen abgedunkelten Raum zurückziehen. Eine Übelkeit, die eventuell zum Erbrechen führt, wird regelmäßig beobachtet und kann für die Patienten oft schlimmer sein als der eigentliche Kopfschmerz.

Die Diagnose ist bei typischer Symptomatik durch gezielte Befragung des Patienten recht leicht zu stellen. Manchmal müssen andere Erkrankungen mit Auren (z. B. die Epilepsie) anhand eines EEG ausgeschlossen werden. Im EEG können gelegentlich auch Konstellationen gefunden werden, die das Vorliegen einer Migräne nahe legen oder bestätigen. Bildgebende Verfahren (Computer- oder Kernspintomografie) dienen auch hier lediglich dem Ausschluss anderer Erkrankungen.

Therapeutisch haben sich im Anfall Gegenspieler des Botenstoffes Serotonin bewährt, die als „Triptane“ bezeichnet werden. Auch Mutterkornalkaloide (Ergotamin-Präparate) sind von einiger therapeutischer Bedeutung. Die Übelkeit wird am effektivsten durch Metoclopramid bekämpft.

Kommt es öfters als einmal pro Monat zu Migräneattacken, sollte eine medikamentöse Prophylaxe durchgeführt werden. Dazu werden am ehesten Betablocker eingesetzt, gelegentlich helfen auch hier Ergotamine. Niedrig dosierte Acetylsalicylsäure scheint die Anfallshäufigkeit herabsetzen zu können, ist aber weniger effektiv.

Andere chronische Kopfschmerzformen

Hier sollen noch kurz zwei weitere Kopfschmerzformen erwähnt werden. Der Clusterkopfschmerz (auch Bing-Horton-Kopfschmerz, nicht zu verwechseln mit dem oben erwähnten M. Horton) ist ein streng einseitiger, dumpfer, jedoch äußerst heftiger Kopfschmerz (Patienten schlagen sich aus Verzweiflung gegen die Stirn), der meist hinter das Auge projiziert wird. Typischerweise kommt es zu einer mit einer Pupillenverkleinerung verbundenen Rötung des Auges, oft auch zu Nasenlaufen. Die Patienten sind meist Männer im mittleren Lebensalter.

Der Cluster-Kopfschmerz dauert in der Regel nur wenige Minuten bis zu einer halben Stunde. Er kommt meist täglich immer zur gleichen Zeit wieder. Eine solche wochen- bis wenige Monate dauernde Schmerzepisode wechselt sich mit monate- bis jahrelangen Intervallen völliger Schmerzfreiheit ab. Therapeutisch hat sich während einer Schmerzepisode zur Anfallsprophylaxe der Einsatz von Methysergid bewährt. Im Anfall helfen wegen der kurzen Dauer lediglich intravenös gespritzte Schmerzmittel, z.B. Triptane.

Die Trigeminus-Neuralgie ist eine Kopfschmerzform, die auf eine Schädigung oder Störung des Gesichtsnerven (Nervus trigeminus) zurückzuführen sind. Die Schmerzen sind heftig, von einschießendem, blitzartigen Charakter und meist nur von sekundenlanger Dauer. Die Schmerzen können mitunter zu unwillkürlichen Zuckungen der Gesichtsmuskulatur führen (Tic douloreux). Therapeutisch helfen vor allem Medikamente, die die Schmerzwahrnehmung und -leitung beeinflussen. Zum Einsatz kommen Carbamazepin, Valproinsäure und gegebenenfalls auch das Antidepressivum Amitryptilin.

Allgemeine Bemerkungen

In der Regel sind Kopfschmerzen harmlos und können entweder mit Hausmitteln oder nicht-verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln gut selbständig therapiert werden. Es ist jedoch auf einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen Schmerzmittel zu achten, um einem Schmerzmittelkopfschmerz vorzubeugen. Neuere Studien haben gezeigt, dass die in Verruf geratenen Kombinationspräparate (z. B. Paracetamol, Acetylsalicylsäure und Koffein) deutlich besser sind als ihr Ruf. Bei Kopfschmerzen vom Migränetyp sind sie nach Aussagen der Deutschen Migränegesellschaft sogar das Mittel der ersten Wahl bei der Selbsttherapie. Eine gesteigerte Schädlichkeit der Kombinationspräparate gegenüber den Monopräparaten hinsichtlich der Nierenfunktion konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden.
Gleichzeitig scheint der Einsatz von homöopathischen Präparaten beim Kopfschmerz generell nicht wirksam zu sein, was in mehreren Studien gezeigt wurde.

Zum Arzt gehen sollte man unbedingt, wenn die Schmerzen unerträglich sind, nicht auf die Eigentherapie ansprechen oder länger als eine Woche anhalten. Auch wenn typische Migräne-Begleiterscheinungen hinzukommen sollte mit einem Arzt das beste therapeutische Vorgehen besprochen werden. Nackensteifigkeit, Bewusstseinsstörungen und andere neurologische Ausfälle wie Gefühlsstörungen, Lähmungen und Krampfanfälle sind Notfälle, die umgehender ärztlicher Abklärung bedürfen. Abklärungsbedürftig sind auch Kopfschmerzen, die erstmals nach dem 40. Lebensjahr auftreten, vor allem dann, wenn neurologische Ausfälle hinzukommen.

Abschließend ist zu sagen, dass Hirntumoren, vor denen allgemein eine gewisse Angst herrscht, in der Regel nicht primär zu Kopfschmerzen führen (Hirngewebe ist schmerzunempfindlich). Schmerzen treten bei Tumorerkrankungen erst nach Befall der Hirnhäute oder einer Abflussbehinderung der Hirnflüssigkeit auf. So sollte man sich bei Kopfschmerzen nicht unnötig Gedanken über Erkrankungen machen, die eigentlich nur wenig mit dem Symptom zu tun haben.


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