Druckgeschwür
Druckgeschwüre, medizinisch als Dekubitalulzera (Einzahl: Dekubitalulkus) bezeichnet, stellen ein großes Problem bei der Versorgung langfristig bettlägeriger Patienten dar.
Ihre Behandlung ist meist langwierig und mühsam, zudem führen Dekubitalulzera häufig zu Komplikationen, die den eigentlichen Heilungsprozess verlangsamen und die meist alten Patienten gefährden. Der Vorbeugung kommt daher eine große Bedeutung zukommt. Die vorbeugenden Maßnahmen sind dabei sehr pflegeintensiv und verlangen vom zuständigen Personal, sei es in Krankenhäusern, Altenheimen oder auch zuhause bei der Pflege durch Angehörige einen hohen Einsatz.
Durch die immer drastischeren personellen Kürzungen in den benannten Einrichtungen wird eine optimale Dekubitusprophylaxe weiter erschwert. Bedenkt man die eingangs erwähnten therapeutischen Schwierigkeiten, wird klar, dass das Thema nicht zuletzt auch von großer gesundheitsökonomischer Brisanz ist.
Wie entsteht ein Druckgeschwür?
Wirken auf ein Hautareal über einen längeren Zeitraum Druckkräfte, ohne dass es zu einer zwischenzeitlichen Entlastung kommt, so verschlechtert sich die lokale Durchblutungssituation in diesem Bereich akut. Bei gesunden Menschen wird dies durch ein Kribbeln und/oder Schmerzhaftigkeit wahrgenommen, wie z. Bsp. das klassische „eingeschlafene Bein“ bei ungünstiger Sitzposition. Dies führt dazu, dass der Betroffene die Stelle entlastet. Dadurch verbessert sich die Durchblutung wieder und die Symptome gehen zurück.
Im Schlaf läuft diese Entlastungsreaktion unwillkürlich durch Veränderung der Schlafposition ab („Wälzen“ im Bett). Bei alten Menschen, die beispielsweise aufgrund einer Operation, eines Schlaganfalls, oder nach einem Knochenbruch bettlägerig sind, können diese Entlastungsbewegungen vermindert oder vollkommen aufgehoben sein. Gründe hierfür sind einerseits eine verminderte Schmerzwahrnehmung (etwa beim Diabetes mellitus) oder im Rahmen der Therapie die Schmerzwahrnehmung durch schmerzstillende Mittel unterdrückt wird. Andererseits sind die Patienten aufgrund des zugrunde liegenden Krankheitszustandes nicht in ausreichendem Maße zu einer aktiven Bewegung im Stande.
Beide genannten Ursachen gelten in besonderem Maße auch für zwei weitere Dekubitus-gefährdete Patientengruppen, nämlich Patienten mit Rückenmarksverletzungen (Querschnittslähmung) und Langzeitbeatmete auf einer Intensivstation.
Eine dauerhafte lokale Durchblutungsstörung führt durch eine Minderversorgung mit Sauerstoff zu einer Gewebeschädigung. Dabei kommt es zunächst zu einer Rötung, die auch nach Entlastung bestehen bleibt (Stadium I). Wird in diesem Stadium keine ausreichende Druckentlastung durchgeführt, so nehmen die Gewebeschäden weiter zu und es kommt zum Absterben von Hautschichten (Stadium II – III). Schließlich kann das Dekubitalulkus so tief reichen, dass auch Muskeln, und sogar Knochen in Mitleidenschaft gezogen werden können (Stadium IV).
Welche Körperstellen sind besonders gefährdet?
Alle Stellen, an denen die Haut unmittelbar und ohne größeren Weichteilmantel dem Knochen aufliegt, müssen als bevorzugte Regionen für das Entstehen von Dekubitalulzera angesehen werden. Beim auf dem Rücken liegenden Patienten sind dies das Hinterhaupt, die Schulterblätter, die Ellenbogen, das Kreuzbein sowie die Ferse.
Auf der Seite liegend sind die Ohrmuschel, das Schultereck, die seitlichen Fortsätze des Oberschenkelknochens sowie das Wadenbeinköpfchen und die Außenknöchel besonders druckempfindlich.
Welche Maßnahmen dienen der Dekubitusprophylaxe?
Beim bettlägerigen Patienten sollte unbedingt auf ein sauber gemachtes Bett geachtet werden. Falten im Laken, unter dem Patienten liegende Schläuche (z. Bsp. Blasenkatheter) verbieten sich ebenso wie zurückgelassenes Verpackungsmaterial nach einem Verbandswechsel.
Zudem sollte auf eine besonders sorgfältige Körperhygiene wert gelegt werden, da sich im feuchten Milieu (starkes Schwitzen, Einnässen) ein Druckgeschwür leichter entwickelt. Alte Menschen leiden häufig an einer trockenen Haut, die mechanisch vermindert belastbar ist. Deshalb sollten rückfettende Cremes zum Einsatz kommen. Besonders gefährdete Areale sollten gegebenenfalls mit Watte abgepolstert werden.
Wichtigstes Mittel der Dekubitusprophylaxe ist aber die frühestmögliche Mobilisation des Patienten. Dazu gehört – wenn es der Allgemeinzustand erlaubt – Lauftraining und Sitzen auf dem Bettrand oder im Stuhl. Lässt der körperliche Zustand des Patienten solche Maßnahmen nicht zu, so sollte er alle 2 Stunden umgelagert werden (Rückenlage, Schräglage), falls nicht ein schwerwiegender Krankheitsbefund gegen eine bestimmte Lage sprechen. Komplette Seitenlagerungen sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Schräglagen werden durch unterstützende Kissen beibehalten.
Ist bei einem Patienten eine lange Liegezeit absehbar, so sollte frühzeitig die Verwendung einer Dekubitusmatratze in Erwägung gezogen werden. Diese Matratzen verteilen den auf ihr lastenden Druck auf eine größtmögliche Fläche und können so der Entstehung eines Druckgeschwürs entgegenwirken.
Was tun, wenn es zu einem Druckgeschwür gekommen ist?
Es gilt: Bei beginnendem oder manifesten Druckgeschwür ist die betroffene Stelle komplett zu entlasten. Es darf dabei keinerlei Kompromisse geben. Nur durch die vollständige Entlastung kann eine Abheilung des Geschwürs erreicht werden. Das Geschwür sollte zumindest zu Beginn täglich neu verbunden werden. Zur Verlaufsbeurteilung eignet sich das regelmäßige Fotografieren des Hautbefundes. Der Verbandswechsel ist dabei unter ärztlicher Aufsicht und Kontrolle durchzuführen.
Während Feuchtigkeit die Entstehung von Dekubitalulzera begünstigt, ist im Rahmen der Ulkustherapie ein feuchtes Milieu durchaus erwünscht. Trockene Wundauflagen saugen sich sehr schnell mit Wundsekret voll und haften dann an der Wunde fest. Neu gebildetes Gewebe wird dann beim Verbandswechsel mit abgerissen, was die Wundheilung verzögert. Zudem stellen vollgesogene Kompressen einen potenziellen Nährboden für Wundinfekte dar.
Feuchten, kolloidalen Wundverbänden – mit oder ohne antiinfektiöse Zusätze – wird daher in den meisten Fällen der Vorzug gegeben. Die Wahl des geeigneten Verbandes ist bei der Dekubitusprophylaxe eine Wissenschaft für sich und erfordert viel Erfahrung. Bei unzureichendem Erfolg oder gar Verschlechterung muss die gewählte Strategie überdacht und gegebenenfalls angepasst werden. Abgestorbenes Gewebe muss entweder chirurgisch oder durch in das Geschwür eingebrachte Enzyme entfernt werden, da es der Wundheilung abträglich ist und eine Infektion begünstigt.
Kompliziert wird die Dekubitustherapie durch aufgepfropfte bakterielle Infektionen, die einer Wundheilung im Wege stehen. Ist es zu einer Infektion gekommen, so sollte vor Beginn einer antiinfektiösen Therapie der Erreger anhand eines Wundabstriches mikrobiologisch ermittelt werden, um nötigenfalls gezielt antibiotisch behandeln zu können.
Eine prophylaktische Antibiotikatherapie wird abgelehnt. Inwiefern das lokale Einbringen antibiotischer Agenzien in die Wunde hilfreich ist, wird kontrovers diskutiert und muss im Einzelfall überdacht werden. Insgesamt bleibt zu sagen, dass sich eine Dekubitustherapie meist über Wochen hinzieht. Kommen Allgemeinerkrankungen des Patienten wie Diabetes mellitus oder Durchblutungsstörungen auf dem Boden einer Arteriosklerose hinzu, so verlängert sich die Zeit bis zum definitiven Wundverschluss meist deutlich.