Esstörungen

Zu den Essstörungen gehört die Fettsucht (Adipositas), die Magersucht (Anorexia nervosa) sowie die Ess-Brechsucht (Bulimia nervosa).

Allen Essstörungen gemeinsam ist das Missverhältnis zwischen Nahrungsaufnahme und Nahrungsbedarf. Der Begriff „Essstörungen“ ist etwas irreführend, da zumindest der Anorexie und der Bulimie tief greifende psychische Störungen zugrunde liegen und das veränderte Essverhalten lediglich die nach außen transportierte Erscheinungsform der Erkrankung darstellt.

Die Fettsucht ist besonders bei Kindern ein Problem zunehmender Bedeutung. Auf dieses Problem wird an anderer Stelle eingegangen. Hier sollen die Anorexie und die Bulimie kurz vorgestellt werden.

Anorexia nervosa

Die Anorexia nervosa betrifft etwa ein Prozent der Bevölkerung, dabei vornehmlich Mädchen im Alter zwischen 14 und 20 Jahren. Die Anorexie kommt beim männlichen Geschlecht zehnmal seltener vor. Insgesamt hat die Verbreitung des Krankheitsbildes in den letzten Jahren zugenommen.

Woran das liegt, ist nicht eindeutig geklärt. Man geht jedoch davon aus, dass das in Werbung und Modewelt suggerierte Schönheitsideal von extremer Schlankheit zumindest teilweise für die Zunahme der Erkrankungshäufigkeit verantwortlich ist.

Grundlegende Störung ist bei der Anorexia nervosa eine veränderte Wahrnehmung des eigenen Körpers (Körperschemastörung), die auch als „Dysmorphophobie“ bezeichnet wird. Die Dysmorphophobie ist durch eine panische Angst, zu dick zu sein oder gar zuzunehmen, gekennzeichnet. Die Patientinnen fühlen sich aufgrund der verzerrten Wahrnehmung auch dann noch übergewichtig, wenn objektiv längst ein gefährliches Untergewicht erreicht ist.

Um dieser Angst entgegenzuwirken, entwickeln sie einen äußerst rigiden Umgang mit Nahrung, der an Selbstgeißelung grenzt. Um die Gewichtsabnahme zu unterstützen, betreiben sie auffallend viel Sport.
Der Körperschemastörung liegt eine komplexe psychische Störung zugrunde. Die Patientinnen haben meistens ein sehr schwach ausgeprägtes Selbstwertgefühl. Dieses wird durch das strenge Verhältnis zur Nahrungsaufnahme teilweise ausgeglichen. Die Patientinnen erfahren durch den Verzicht auf Nahrung ein gewisses Gefühl von Kontrolle und Selbstbestätigung oder Macht über körperliche Zwänge.
Häufig findet man Konflikte auf der Ebene der Eltern-Kind-Beziehung und eine Verweigerung der Annahme der geschlechtlichen Entwicklung (Abwehr der weiblichen Reifung). Durch den anhaltenden Gewichtsverlust kommt es zu einer komplexen Störung im Bereich des Hormonsystems. Vor allem die Geschlechtshormone werden nur unzureichend gebildet. Regelblutungen bleiben aus (Amenorrhoe), der Sexualtrieb wird unterdrückt.

Die Diagnose der Anorexie beruht auf drei Kriterien:

  1. Das Körpergewicht liegt aufgrund eigener Anstrengung (Nahrungseinschränkung, sportliche Aktivität) mehr als 15 % unter der altersspezifischen Norm.
  2. Es liegt eine Körperschemastörung mit Angst vor einer Gewichtszunahme vor.
  3. Es ist zu Störungen im Bereich der hormonellen Regulation gekommen.

Selbstverständlich müssen körperliche Ursachen für den Gewichtsverlust und eine hormonelle Entgleisung anderer Ursache ausgeschlossen werden.
Gefährdet sind Anorexie-Patientinnen vor allem durch den teilweise extremen Gewichtsverlust. Manche Patientinnen wiegen im Endstadium weniger als 30 kg. Solche massiven Mangelernährungszustände sind lebensbedrohlich. In diesen Fällen muss unter intensivmedizinischen Bedingungen eine Zwangsernährung erfolgen.
Erst wenn das Gewicht ein bestimmtes, nicht mehr akut lebensbedrohliches Niveau erreicht hat, kann mit der eigentlichen Therapie begonnen werden. Die optimalerweise unter stationären Bedingungen durchgeführte Therapie ist erfahrungsgemäß außerordentlich schwierig und langwierig, da die Kooperationsbereitschaft der Patientinnen nicht selten stark zu wünschen übrig lässt. Oft muss der Therapeut buchstäblich um jede Kalorie feilschen.
Es hat sich bewährt, dass mit den Patienten zu Therapiebeginn ein Behandlungsvertrag ausgearbeitet wird, in der die angestrebte Gewichtszunahme anhand eines genau festgelegten Zeitplans vorskizziert wird.
Die Behandlung zielt neben dem Erreichen eines normalen Gewichts auf drei Dinge ab. Zum einen müssen die Patientinnen den Umgang mit Nahrung wieder völlig neu erlernen. Für die Patientinnen, die gelernt haben, praktisch jedes Nahrungsmittel anhand ihres Kalorienwertes einzustufen, ist die Vorstellung, ohne Rücksicht auf Nährwerte nach Lust und Laune zu essen, abartig und Fortschritte werden nur mühsam erreicht.
Das zweite wichtige Behandlungsziel ist eine Normalisierung der Körperwahrnehmung. Die Patientinnen müssen wieder in die Lage versetzt werden, zu erkennen, wann man wirklich zu dick, und wann zu dünn ist und dass die Annahme „je dünner, desto besser“ nicht zutrifft.
Die dritte und für einen dauerhaften Erfolg vielleicht wichtigste Maßnahme ist die Aufarbeitung der zugrunde liegenden Konfliktsituationen. Hierzu werden oft familientherapeutische Maßnahmen herangezogen. Die Einbindung der in die Konflikte verflochtenen Bezugspersonen ist für den Therapieerfolg unerlässlich. Den Patientinnen muss zudem dargelegt werden, wie sie sich selbst behaupten können, ohne den Körper durch Nahrungsentzug zu kontrollieren.

Mit diesem Behandlungskonzept kann etwa die Hälfte der Patienten dauerhaft geheilt werden. Bei etwa 30 Prozent kommt es zumindest zu einer Besserung der Symptomatik. Die restlichen 20 Prozent entwickeln einen chronischen Verlauf, der aufgrund des extremen Untergewichts in einem Teil der Fälle tödlich endet.

Bulimia nervosa

Die Bulimie wird seltener diagnostiziert als die Anorexie. Dennoch leiden etwa zwei bis vier Prozent der 14- bis 20-jährigen Mädchen an der Erkrankung. Da das Gewicht bei Bulimikerinnen oft im Normbereich liegt, dürfte die Dunkelziffer um ein vielfaches höher liegen.
Die grundlegenden Ursachen der Bulimie decken sich weitgehend mit denen der Anorexie. Auch hier liegt eine Störung des Körperschemas vor. Die Patientinnen erleben einen in Fressattacken mündenden Kontrollverlust, in denen wahllos große Nahrungsmengen verzehrt werden. Der Gewichtszunahme wird durch selbst ausgelöstes Erbrechen und der Einnahme von Abführmitteln (Laxanzien) entgegengewirkt.
Die Patientinnen beschäftigen sich sehr stark mit dem eigenen Gewicht und der Figur. Neben einem stark schwankenden Gewicht kommt es zudem zu Folgeerkrankungen, die auf Erbrechen und Laxanzienmissbrauch zurückzuführen sind und oft am Anfang der Diagnose stehen. Der saure Magensaft führt zu Verätzungen der Speiseröhre (Reflux-Ösophagitis), die sich im Symptom des Sodbrennens äußern. Zudem führt der aggressive Magensaft zu einer deutlichen Schädigung des Zahnschmelzes, was zur Entwicklung einer ausgeprägten Karies führen kann.
Die Laxanzien führen zu einem Verlust von Wasser und Kalium, was das Entstehen von Schwindelgefühl und Herzrhythmusstörungen begünstigt.
Die Therapie besteht ähnlich wie bei der Anorexie aus ernährungs- und psychotherapeutischen Ansätzen. Die Prognose der Bulimie ist insgesamt etwas günstiger als die der Anorexie.


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